Zu Besuch in Les Mayens-de-Sion

Ein Paradies abseits des Massentourismus

Eingebettet auf einer Höhe zwischen 1200 und 1600 Metern über dem Meeresspiegel, anno dazumal verteilt auf die drei Gemeinden Vex, Les Agettes und Salins, die zumal etwas weniger sonnig sind als die ihnen zugewandten Hänge, weisen Les Mayens-de-Sion auf den ersten Blick keine Merkmale auf, die sie von so vielen anderen Ferienorten im Wallis unterscheiden würden. Und doch stand für Isabelle Theytaz Reuteler schon als Kind fest, dass sie eines Tages an diesem Ort leben würde. Dort, wo sie als Kind viele Sommer im Ferienhaus ihrer Grosseltern verbracht hat.

Vor 20 Jahren hat sie sich schliesslich ihren Wunsch erfüllt. Heute lebt sie das ganze Jahr über mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern im Paradies, wie sie es nennt. «Ich schätze die absolute Ruhe hier oben, die tolle Aussicht und die friedliche Natur», erzählt Isabelle Theytaz Reuteler. Das kleine Paradies teilt sie aber nicht nur mit ihrer Familie, sondern auch mit einigen tierischen Mitbewohnern. Zwei Hunde, zwei Enten, ein paar Hühner und Wachteln fühlen sich im gemütlichen Holzhaus mit einem kleinem Teich und Umschwung genauso wohl.

Die Controllingverantwortliche des Departements für Finanzen und Energie kann gut nachvollziehen, weshalb wohlhabende Sittener ab dem 17. Jahrhundert Les Mayens-de-Sion als Rückzugsort schätzten. «Die Luft ist rein und die Temperaturen im Sommer sind weit angenehmer als in der Talebene. Ausserdem scheint sich das Klima auch positiv auf meinen Garten auszuwirken.» In diesem gedeihen in gut 1300 Metern Höhe dank eines warmen seitlichen Talföhns sogar drei Rebstöcke. «Und das Beste: Man ist nicht weit weg und trotzdem weit weg. Sitten ist innert kurzer Zeit mit dem Auto erreichbar, genauso wie das riesige Skigebiet Les 4 Vallées.» Sei man aber hier oben, finde man jederzeit eine Oase der Ruhe fernab jeglicher Hektik vor.

Mehr als nur eine landwirtschaftliche Alpsiedlung

Auch wenn der Name Les Mayens-de-Sion darauf schliessen lässt, dass die Alpsiedlung den Sittenern ursprünglich als Maiensäss diente, also als temporäre Behausung in den Monaten Mai und Juni bis zum Alpaufzug der Tiere, ging die wesentliche Funktion dieser Domizile weit über den rein landwirtschaftlichen Rahmen hinaus. Der Status der Chalets in Les Mayens-de-Sion war damals von besonderer Bedeutung, weiss Isabelle Theytaz Reuteler. «Es gab zwar vereinzelt Landwirte, die Viehzucht betrieben, aber die meisten Häuser wurden von der Sittener Bourgeoisie gebaut. Diese wollte mit den Sommersitzen ihre ländlichen Besitztümer erweitern, weshalb das Ganze für sie mehr eine Prestigeangelegenheit war.» Entsprechend luxuriös für damalige Verhältnisse waren die Chalets auch ausgebaut.

Auch wenn das Leben während des Sommers unbeschwert schien, die Erwachsenen Krocket spielten und die Kinder Papierschiffe in der Suone von Vex schwimmen liessen, die tägliche Andacht durfte während des Urlaubs nicht fehlen. Aus diesem Grund liessen die Sittener mehrere Kapellen erbauen, von denen einige noch heute erhalten sind und einen Ort der Einkehr bieten.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts öffnete sich Les Mayens-de-Sion dem Tourismus, der zu dieser Zeit natürlich nur im Sommer existierte. Das erste Hotel wurde 1880 von der Familie de Torrenté erbaut. Um 1900 gab es in Les Mayens-de-Sion fünf Hotels mit insgesamt 250 Betten.

Obwohl sich seit 1938 eine Gesellschaft (Société de Développement des Mayens de Sion), deren Komitee sich aus Freiwilligen zusammensetzt, für die Förderung des Tourismus in Les Mayens-de-Sion einsetzt, sind die Erinnerungen an diese glamourösen Unterkünfte von einst heute ziemlich verblasst. Was übrig bleibt, ist ein kleines Paradies, umgeben von jahrhundertealten Lärchen und dem rauschenden Klang der Suone. Ein Paradies abseits von jedem Massentourismus.

 

 

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