Ein Training für Frauen

Gesehen und gehört werden

Im Rahmen seiner Personalpolitik fördert der Staat Wallis die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern und unterstützt diesbezüglich verschiedene Massnahmen. Eine davon ist das Weiterbildungsseminar «Gesehen und gehört werden: Ein Training für Frauen», das die Dienststelle für Personalmanagement in Zusammenarbeit mit dem Kantonalen Amt für Gleichstellung und Familie den Mitarbeiterinnen der Kantonsverwaltung auch in diesem Jahr wieder anbietet. Seminarleiterin Sibyl Schädeli spricht im Interview mit «vis-à-vis» über Machtspiele und strategische Herausforderungen im Berufsalltag.

 

 

Sibyl Schädeli, es heisst, Frauen und Männer würden nicht mit den gleichen Karten spielen, nicht dieselben Waffen ins Feld führen. Wie ist dies zu verstehen?

Etliche Frauen vertreten den Glauben, sie könnten ihre Karriere vor allem aufgrund ihrer Fachkompetenzen vorantreiben. Ganz nach dem Motto: Wer sich anstrengt, hat irgendwann Erfolg. Ab einem gewissen Punkt im Berufsleben geht diese Rechnung aber nicht mehr auf. Die Spielregeln in hierarchischen Organisationen haben Männer erfunden. Es zählen auf einmal vermehrt auch Auftrittskompetenz und Durchsetzungsvermögen. Deshalb ist es wichtig, dass sich Frauen besser zu vermarkten wissen.

Obwohl es schon Fortschritte gab, weshalb hat sich dort bisher so wenig verändert?

Es ist tatsächlich so, dass sich in den obersten Gremien in Organisationen nicht viel geändert hat. Frauen sind in den Geschäftsleitungen der 100 grössten Unternehmen der Schweiz lediglich mit 8 Prozent vertreten. Das heisst, in den meisten gibt es nach wie vor gar keine. Erst wenn der Frauenanteil in wichtigen Gremien bei etwa 30 Prozent liegt, verändern sich Sprache und Kultur. Soweit sind wir noch nicht, besonders nicht im Wallis. Im Kantonsparlament etwa ist die Frauenquote im Vergleich zu anderen Kantonen immer noch niedrig. Da gibt es definitiv Nachholbedarf.

Was lernen Frauen an diesem Seminar?

Sie lernen, versteckte Codes und Regeln in Machtspielen zu erkennen und diese für sich zu nutzen. So gelingt es eher, sich in einem herausfordernden Umfeld gut zu positionieren. Am ersten Kurstag decken die Teilnehmerinnen zunächst einmal Mechanismen auf. Etwa, weshalb einige Personen in einer hierarchischen Organisation erfolgreicher sind als andere. Für zahlreiche Frauen ist dies ein Aha-Erlebnis. Sie stellen fest, dass Erfolg ein gewisses Selbstmarketing, ein strategisches Networking sowie einen bestimmten Auftritt verlangt. Dieser ist leider nicht immer allzu freundlich. Nonstop lächelnd durch die Welt ziehen bringt einen nicht voran. Frauen müssen frecher und mutiger werden.

Das heisst vorerst, jetzt ist Schluss mit nett sein?

Frauen dürfen ruhig auch mal ein bisschen fies sein, wenn dies andere auch sind. Es gibt keinen Grund, in solchen Situationen stets nett zu bleiben. Sie sollten weniger nachdenken und sich nicht ständig hinterfragen, sondern direkt in den Macher-Modus umstellen. Sie sollten spannende Projekte direkt ergreifen und sich erst danach um die Umsetzung Gedanken machen. Denn so machen es auch viele Männer.

Wie zeigen sich denn Machtspiele im Arbeitsalltag?

Interessanterweise denkt man bei Machtspielen erst einmal an etwas Grosses. Aber diese Machtspiele setzen sich meist aus vielen kleinen Elementen zusammen. Wenn etwa an einer Sitzung eine Frau eine Idee einbringt und die anderen Anwesenden sie nicht anhören oder ernst nehmen und fünf Minuten später der Kollege exakt den selben Vorschlag bringt und damit nicht nur ihre Idee klaut, sondern damit auch noch durchkommt, das ist etwa ein Beispiel.

Im zweiten Kursteil lernen die Teilnehmerinnen, wie sie sich derjenigen Sprache, die vorherrscht, anpassen können um entsprechend erfolgreicher zu sein. Heisst das, Frauen müssen sich den Männern angleichen?

An meinen Seminaren kommt oft die Frage auf, ob Frau sich halt einfach anpassen muss. Leider ist es bis zu einem gewissen Grad so. Diejenigen, die die Macht haben, bestimmen auch die Spielregeln. Je mehr Frauen den Aufstieg schaffen, desto mehr werden sie auch mitbestimmen können, wie es laufen soll.

Für welche Zielgruppe ist dieser Kurs gedacht?

Dieser Kurs richtet sich hauptsächlich an Kaderfrauen oder Frauen in der Politik, diese bringen nämlich schon eine entsprechende Erfahrung mit. Ganz junge Frauen, frisch ab Studium glauben mir diese Erkenntnisse oftmals noch nicht. Sie müssen erst ein paar schlechte Erfahrungen machen, um herauszufinden, dass in Sachen Gleichstellung doch noch nicht alles erreicht ist.

Haben Sie einen einfachen Tipp, den jede Frau anwenden kann, um sich mehr Gehör zu verschaffen?

Es hört sich sehr simpel und schon fast stupid an, ist aber wirksam. Wenn eine Frau in einem sehr männlichen Umfeld etwas will und eine Absage dafür erhält, lohnt es sich, den Wunsch mehrfach zu wiederholen. Anstatt sich in Erklärungen zu verstricken und Argumente zu suchen, soll sie den Wunsch fünf bis zehnmal an die betroffene Person richten. Die Chancen, damit das Gewünschte zu erhalten, sind so deutlich grösser.

 

Der Kurs «Gesehen und gehört werden: Ein Training für Frauen» findet am 19. November in Brig sowie am 26. und 27. November in Sitten statt. Anmeldungen nimmt die Dienststelle für Personalwesen über dieses Formular entgegen.

 

 

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