Medienmitteilung Dienststelle für Kultur

«Künstlich» - Eine Ausstellung des Naturmuseums, ab 15. Oktober 2022 zu sehen

Das Naturmuseum Wallis präsentiert in Zusammenarbeit mit dem Center for PostNatural History in Pittsburg, USA, die Ausstellung «Künstlich», von 15. Oktober 2022 bis 14. Mai 2023. Diese Ausstellung mit einem neuartigen Vorgehen positioniert den Menschen in der Natur und regt uns dazu an, uns über unsere Stellung als Lebewesen unter anderen zu hinterfragen, indem sie uns die Geschichten von Arten erzählt, welche der Mensch im Verlauf der Zeit absichtlich verändert hat. «Künstlich» ist die letzte Ausstellung, die im Pénitencier von Sitten zu sehen ist, bevor die grossen Umbauarbeiten beginnen werden.

Das Naturmuseum, gestützt auf sein atypisches Profil in der Museumslandschaft, das durch seine wegweisende, international anerkannte Ausstellung über das Anthropozän, die zudem den Schweizer Prix Expo der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) erhielt, zusätzlich bestätigt wurde, befasst sich diesmal mit einem noch nie zuvor behandelten Thema: die künstlichen Lebewesen, welche der Mensch verändert hat. In der Tat haben die Menschen seit Jahrtausenden ganz bewusst Lebewesen verändert, sei es durch Domestizierung, Zucht oder in jüngster Zeit durch Gentechnik. Heutzutage sind die Lebewesen Selektionsprozessen und Manipulationen ausgesetzt wie nie zuvor.

Die Ausstellung möchte einen toten Winkel der Museen ausleuchten, denn es kommt nur selten vor, dass Arten, die vom Menschen absichtlich verändert wurden, als Stars der naturwissenschaftlichen Museen gehandelt werden. Ihre Existenz stellt nämlich viel Eindeutiges in Frage: Wenn etwas nicht mehr wild ist, ist es dann noch natürlich? Wo beginnt das Künstliche im Lebenden? Anhand von Objekten, die diese Grenzen absichtlich verwischen, fordert uns das Naturmuseum Wallis dazu auf, die Welt um uns herum anders zu betrachten und die Lebewesen anders zu sehen.

Wertvolle Zusammenarbeiten und aussergewöhnliche Leihgaben

Da das Naturmuseum mit der Ausstellung «Künstlich» einen so innovativen Museumsbereich erschliesst, konnte es Kontakte zu vielen Institutionen im In- und Ausland knüpfen. Forscher, Gärtner, Unternehmer, Passionierte aller Art haben bei diesem Projekt mitgewirkt.

Das Naturmuseum Wallis hat sich folglich mit dem Zentrum für postnatürliche Geschichte in Pittsburgh zusammengetan, das hinter dem Ausstellungskonzept steht und ihm zahlreiche ebenso seltene wie spektakuläre Objekte ausgeliehen hat, wie der Kiefer einer genmanipulierten Ziege oder die erste lebendige Fotografie, die dank Gentechnik realisiert wurde.

Verschiedene Leihgaben erstrangiger Institutionen aus dem In- und Ausland bereichern die Aussage der Ausstellung weiter. Neben vielen aussergewöhnlichen Tier- und Pflanzenarten kann das Publikum ausserdem einen handgeschriebenen Brief von Charles Darwin sehen, eine Leihgabe der Universitätsbibliothek Basel. Darwin schreibt darin über die Veränderungen der Tiere und Pflanzen unter dem Einfluss der Domestizierung (1868).

Eine Partnerschaft ist auch mit Agroscope zu laufenden Forschungsarbeiten entstanden: neben weiteren Leihobjekten findet das Publikum im Aussenbereich des Pénitencier zudem einen Versuchsgarten mit Kartoffeln. Und am Ende ihres Besuchs erhalten alle Besucherinnen und Besucher eine ganz neue Birnensorte, die in Châteauneuf entwickelt worden ist.

Gezeigte Künstlerinnen und Künstler, Performances

Zahlreiche Illustrationen der britischen Künstlerin Katrina van Grouw, die wissenschaftliche Exaktheit mit einer an die anatomischen Tafeln des 19. Jahrhunderts erinnernden Ästhetik vereint, begleiten das Publikum durch die Ausstellung. Die realistischen Zeichnungen zeigen die Auswirkungen der Veränderungen von Lebewesen, die von den Menschen ausgewählt wurden, um bestmöglich den verschiedensten ernährungstechnischen, ästhetischen oder anderen Zielen zu entsprechen.

Fasziniert von der Welt der Wälder und bewegt von seiner Freude an kollektiven Schaffensprozessen hat der Waadtländer Künstler Cedric Bregnard das Projekt «Racines du ciel» (etwa: Wurzeln des Himmels) entwickelt. Dabei lädt er das Publikum ein, auf seine Bilder zu zeichnen. Er hat sich das Ausstellungsthema auf seine eigene Art und Weise angeeignet: Er hat Kastanienwälder oder Obstgärten mit Apfelbäumen fotografiert, in die er genveränderte Exemplare derselben Baumarten eingesetzt hat. Während der gesamten Ausstellungdauer kann das Publikum sich an diesem mehrhändigen Zeichnungsprozess beteiligen und die Fotografie anhand von Filzstift-Pinseln aufdecken.

Den Abschluss der Ausstellung bildet eine Serie von 3D-Fotografien von Richard Pell, Direktor des Zentrums für postnatürliche Geschichte in Pittsburgh und Professor an der Kunstschule der Carnegie-Mellon-Universität. Mit dem Titel «Gespenster des Postnatürlichen» wirft diese eigens für die Ausstellung geschaffene Serie einen mysteriös ästhetischen Blick auf das Postnatürliche. Ausgestattet mit 3D-Brillen, welche sie mit dem Eintrittsbillet erhalten, können die Besucherinnen und Besucher die merkwürdig schönen Anaglyph-Bilder ansehen, die uns zum Nachdenken anregen über die Mittel und Zwecke der menschlichen Eingriffe an den Lebewesen, die uns umgeben.

Während der Ausstellungsdauer werden verschiedene Veranstaltungen geboten: gemeinschaftliche Performance, Führung, Begegnungen, Atelier-Philo. Diese regen zum Überdenken unserer Stellung in der Natur an. Der Veranstaltungskalender und alle weiteren Informationen zum Vermittlungsangebot sind auf der Webseite der Kantonsmuseen verfügbar.

16. Oktober: Tag der offenen Tür (Eintritt frei und Aktivitäten gratis)

  • 12–16 Uhr: Gemeinschaftliche Performance «Racines du Ciel», Cedric Bregnard
  • 14 Uhr: Führung mit Gil Oliveira, wissenschaftlicher Kurator der Ausstellung

Mehr Infos: Ausstellungen - Walliser Kantonsmuseen (museen-wallis.ch)

© Olivier Maire
Bild Ausstellung "Künstlich" - © Musées cantonaux du Valais, Sion
Genmanipulierte Ziege © Richard Pell