PorträtDie heilende Kraft der Gedanken
Er sei kein Heiler, sagt Claude-Alain Bitschnau. Auch wenn er von einigen seiner Patienten so genannt werde. Vielmehr sei er ein Vektor, der die empfangene Energie weiterleite. Der 42-Jährige ist ein sogenannter «Faiseur de secret», also ein Gebetsheiler. Er hilft Menschen, manchmal auch Tieren, mittels Heilsprüchen und Formeln, eine Vielzahl an Beschwerden, Krankheiten oder Verletzungen zu lindern oder gar zu heilen. Dazu gehören etwa Verbrennungen, Blutungen, Ängste, Migräne, Verstauchungen, Zahnschmerzen, Koliken, Schlafstörungen und Warzen, aber auch psychische Leiden. Ob das «Geheimnis» eine Gabe sei, weiss Claude-Alain Bitschnau nicht so richtig zu beantworten. «Die Praktik hat mir ein Mitglied meiner Familie beigebracht. Zweifellos aber hatte ich dafür eine gewisse Veranlagung. Denn bereits in sehr jungem Alter nahm ich auf rationale Weise unerklärliche Empfindungen wahr.»
Bereits in sehr jungem Alter nahm ich auf rationale Weise unerklärliche Empfindungen wahr.
Der Körper ist in der Lage, sich selbst zu regulieren. Das Geheimnis dient lediglich als Auslöser.
Es sei wichtig zu wissen, dass nicht er heile, sondern den Menschen den nötigen Anstoss gebe, sich selbst zu heilen. «Diese Präzision ist von Bedeutung, denn der Körper ist in der Lage, sich selbst zu regulieren. Das Geheimnis dient lediglich als Auslöser.» Im Gegensatz zu dem, was die Menschen glauben würden, sei das Geheimnis keine übernatürliche Macht, sondern ein ganz simples Naturphänomen, auch wenn es dafür keine wissenschaftliche Erklärung gebe. «Viele Mediziner und Wissenschaftler glauben an einen Placebo-Effekt. Andere geben aber auch zu, dass nicht alles erklärt werden kann. Tatsächlich ist es so, dass die Anfragen aus Spitälern wegen Verbrennungen, Blutungen oder Operationen zunehmen.»
Claude-Alain Bitschnau möchte aber auch betonen, dass er keine schweren Krankheiten wie Krebs oder Aids behandle. Er rät Patienten, die ihn aufsuchen, nie eine medizinische Behandlung abzubrechen. Patientinnen und Patienten müssen um das Geheimnis zu empfangen auch nicht gläubig sein. Es würde genügen, wenn sie für diese Art der Heilung offen seien. «Es ist am besten, wenn die betroffene Person direkt mit mir Kontakt aufnimmt. Ausser natürlich es handle sich um ein Kind oder einen Patienten, der nicht kommunizieren kann.» Im Gegensatz zu vielen anderen Heilern beten die «Faiseurs de secret» kostenlos für ihre Patienten.
Patientinnen und Patienten müssen um das Geheimnis zu empfangen nicht gläubig sein.
Das Geheimnis nimmt je nach Anzahl eingegangener Anfragen viel von Claude-Alain Bitschnaus Zeit in Anspruch, jedoch nicht seine komplette Zeit. Der Familienvater arbeitet jeweils von Montag bis Mittwoch als Techniker bei der kantonalen Dienststelle für Informatik. Donnerstags und freitags bietet er in seiner Heilpraxis in Brämis als Therapeut diverse Behandlungen an. Diese reichen von verschiedenen Massagearten über energetische Behandlungen wie Reiki oder Magnetismus bis hin zur Hypnose.
Seit er im März die Ausbildung als Hypnotiseur abgeschlossen hat, verfügt er über ein ergänzendes therapeutisches Werkzeug, das Blockaden lösen kann. «Durch die Hypnose kann ich mich dem tiefsten, innersten Teil des Patienten widmen. Ich gebe ihm eine Suggestion, und wenn diese seinem Willen entspricht, wird er sie leicht annehmen können. Dadurch ist es möglich, zur Quelle eines Traumas oder eines auslösenden Ereignisses zu gelangen. Dieser Vorgang erlaubt es, ein Schema zu durchbrechen, wodurch das Leiden der Person gelindert werden kann», erklärt Claude-Alain Bitschnau. Die Liste der Probleme, die mittels Hynposetherapie behandelt werden können, ist lang.
Dazu gehören unter anderem Übergewicht, Stress, Trauer, Trauma, Schlafstörungen, Schmerzen, Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen und Depressionen. «Hypnose kann bei Kindern ab sieben Jahren praktiziert werden. In diesem Alter ist das Potenzial am grössten. Hingegen wird Hypnose bei schweren Depressionen und bei bestimmten psychischen Störungen wie zum Beispiel schweren Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie oder Paranoia nicht empfohlen», weiss der Therapeut. Bei widerstandsfähigen Patienten brauche er manchmal einfach ein bisschen mehr Zeit, um sie in einen veränderten Bewusstseinszustand zu versetzen. Ganz wichtig zu erwähnen sei, dass man während einer Hypnose niemanden zwingen könne etwas zu tun, das er nicht wolle oder ihm nicht behage.
Während einer Hypnose kann man niemanden zwingen, etwas zu tun, das er nicht will oder das ihm nicht behagt.
Ein Burnout als Chance für einen Neubeginn
Die Welt der Informatik und die spirituelle Welt sind doch ziemlich verschieden und wollen irgendwie nicht so recht zueinander passen. Claude-Alain Bitschnau fühlt sich dennoch in beiden Welten sehr wohl. Er bezeichnet sich selbst als eine sehr bodenständige Person, die immer schon ein echtes Interesse an Sozialarbeit und der Unterstützung von Menschen mit Behinderungen, älteren Menschen oder jungen Menschen in schwierigen Situationen hatte. «Ich konnte beruflich viel Erfahrung in diesen Bereichen sammeln. Aber das Schicksal entschied anders. Nach einer Phase der Arbeitslosigkeit bekam ich 1997 die Gelegenheit, über ein Praktikumsprogramm des Staates in der Welt der Informatik Fuss zu fassen. So habe ich parallel eine Ausbildung «on the job» absolviert, die mir anschliessend eine Festanstellung ermöglicht hat», schildert der heutige Techniker seinen Werdegang.
2013 kam dann der grosse und allesverändernde Einschnitt in Form eines Burn-out. Was eine Katastrophe hätte sein können, erwies sich für ihn als Chance. «Ich habe mein Leben hinterfragt und in Bezug auf die persönliche Entwicklung an mir selbst gearbeitet. Dies hat mich in die Lage versetzt, Menschen in Stresssituationen oder mit psychischen Beschwerden besser zu verstehen.» Was ihn wiederum zu seiner ersten Leidenschaft zurückgebracht habe – den Bereichen Soziales und Pflege. Seither ist viel passiert. Zahlreiche Weiterbildungen und Kurse folgten, im Februar 2014 hat sich Claude-Alain Bitschnau dann entschlossen, den teilweisen Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen und hat in Brämis seine Praxis «Ilot de Détente» eröffnet. Dank klarer Abgrenzung beider Bereiche gelingt ihm der Spagat zwischen beiden Berufswelten heute sehr gut.