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Porträt

null Dubai, eine zauberhafte Auszeit

PorträtDubai, eine zauberhafte Auszeit

«Es war schon immer mein Wunsch, einmal im Ausland in einem internationalen Umfeld zu arbeiten». In Dubai bekam Stéphanie mehr als genug davon. So wurde sie zur «Team Leader Guest Relations» befördert und leitete den Empfang im Schweizer Pavillon mit einem vierzigköpfigen Team. Ihre Mitarbeitenden stammten aus Asien, Europa und Südamerika, rund 15 Sprachen wurden gesprochen. «In den sieben Monaten meiner Tätigkeit habe ich so viel erlebt wie während zehn Jahren HR, mit allen nur vorstellbaren Situationen», lacht Stéphanie rückblickend. Ihr Pflichtenheft wurde ergänzt durch eine weitere, etwas ungewöhnliche Aufgabe: «Zur Dekoration des Raumes wurde Nebel erzeugt, echter Nebel auf Wasserbasis. Ich habe gelernt, Nebel zu erschaffen. Damit fülle ich eine Zeile mehr in meinem Lebenslauf», scherzt die Walliserin, die in Fully zuhause ist.

In den sieben Monaten meiner Tätigkeit habe ich so viel erlebt wie während zehn Jahren HR, mit allen nur vorstellbaren Situationen.

Um das Abenteuer Dubai in die Realität umzusetzen, nahm die Staatsangestellte unbezahlten Urlaub in Anspruch. Dazu musste sie bei ihren Vorgesetzten, bis hin zum Vorsteher des Departements für Volkswirtschaft und Bildung, Christophe Darbellay, ein begründetes Gesuch stellen. «Nach dem ersten Überraschungsmoment und nachdem ich das Projekt erklärt hatte, bekam ich grossen Zuspruch», erzählt die 40-Jährige. «Mein Anliegen war ja nicht komplett aus der Luft gegriffen, denn meine vorübergehende Arbeitgeberin würde ja niemand geringeres als die Bundesverwaltung sein».

 

Ob sie einen Tipp für ihre Kollegen hat, die von einer ähnlichen Auszeit träumen? Gleich zwei hat die HR-Expertin auf Lager: Man sollte Lösungen vorwegnehmen und im Vornhinein abklären, ob ein Sabbatical im beruflichen Umfeld überhaupt realistisch sei.

 

Wäre die Expo wie ursprünglich geplant im Jahr 2020 über die Bühne gegangen, hätte sich die Frage gar nicht erst gestellt, da mein Chef zu diesem Zeitpunkt Präsident der Walliser Regierung war.

Mit diesem Freifahrtschein in der Tasche erreichte Stéphanie Denis Darbellay Dubai am 7. September 2021. Im Nu hatte sie sich eingewöhnt, trotz Hitze und der neuen Arbeitsbedingungen. «Eine 45-Stunden-Woche und unregelmässige Arbeitszeiten, ich habe es einfach geliebt», gesteht sie. Auch dank des Erfolgs des Schweizer Pavillons hat sie sich mehr als nur wohl gefühlt. Und die Leute kamen. Beim grössten Ansturm mussten die Besucher drei Stunden warten, bevor sie endlich den roten Schweizer Teppich betreten konnten. Täglich tummelten sich 18 000 Besucher auf dem Gelände und hin und wieder mischten sich auch Prominente unter das Volk: «Der Scheich von Dubai war da und viele Königsfamilien aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien. Aus der Schweiz sind mir Bundespräsident Guy Parmelin und Bundesrat Ueli Maurer geblieben, aber auch Nabilla und Géraldine Fasnacht».

Stéphanie Denis Darbellay, mit Géraldine Fasnacht
Stéphanie Denis Darbellay

Arbeit bestimmte den Alltagsrhythmus, ebenso das Reisen. Jeder freie Tag rief nach einem neuen Abenteuer. So besuchte Stéphanie Denis Darbellay die sieben benachbarten Emirate und den Oman. Eine Abenteurerin? Als solche würde sie sich nicht bezeichnen, zumindest noch nicht: «Ich bin eher so, dass ich meine Reisen im Voraus plane. Normalerweise reserviere ich Hotels und Flüge schon vorher, ebenso wie Busse, Züge und andere Transportmittel falls nötig. Aber das könnte sich noch ändern».

Mit 46 Jahren hat Stéphanie bereits ganze 30 Länder bereist. Im Durchschnitt zieht es sie einmal im Monat in die Ferne. «Es kann auch schon mal vorkommen, dass ich für einen Tag nach Nizza, London oder Amsterdam fliege. Mein CO2-Fussabdruck? Ich muss zugeben, wenn es ums Reisen geht, bin ich recht egoistisch».

 

Ich bin eher so, dass ich meine Reisen im Voraus plane.

Rückflug aus Dubai dann am Montag, 4. April 2022. Zwei Tage später sitzt die Assistentin des Vorstehers des Departements für Volkswirtschaft und Bildung bereits wieder in ihrem Büro im Aymon-Gebäude, motivierter als je zuvor: «Nach einer solchen Auszeit kommt man völlig energiegeladen zurück, man sprudelt über vor neuen Ideen und Begeisterung, vor allem nach einer internationalen Erfahrung wie dieser».

«Träume erfüllt man sich am besten, indem man aufwacht und sie realisiert», schrieb einst Paul Valéry. So lautete Stéphanies Credo schon seit jeher. «Anfangs wusste ich nicht, wie ich dieses Projekt meinem Mann und meinem Arbeitgeber beibringen sollte. Sobald ich ihnen aber davon erzählte, wurde alles einfacher. Viel zu oft setzen wir uns selbst Grenzen. Und genau aus diesem Grund muss man aufwachen, um seine Träume zu verwirklichen». Für Stéphanie wird Dubai immer «eine zauberhafte Auszeit» bleiben. Sie ist sich sicher, dass sie im November zurück will, dieses Mal aber, um Ferien zu machen.

 

Und genau aus diesem Grund muss man aufwachen, um seine Träume zu verwirklichen.
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Zu Besuch

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Zu Besuch in Miège

Miège ist seit vergangenem Jahr Teil der neuen Gemeinde Noble-Contrée. Trotz der Fusion mit Venthône und Veyras hat es nichts von seinem Charme und seiner Identität verloren, ganz im Gegenteil. Seine Südlage, seine Wälder und vor allem seine Weinberge sind und bleiben einzigartig. Jedes Jahr zieht es neue Einwohner in das idyllisch gelegene Dörfchen auf 700 Metern Höhe, heute sind es 1400 an der Zahl. Patrick Schribers Frau stammt aus dem Örtchen und so hat der Richter Miège mit seiner Familie zu seinem Lebensmittelpunkt gemacht. Anlässlich unseres Besuchs streift Richter Schriber seine Richterrobe ab und schlüpft in die Rolle des Touristenführers. Eine Entdeckungsreise.

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Ein Spitzname?

Die Kalabresen

«Sie können recht laut werden und sind nie um eine Antwort verlegen», beschreibt Patrick seine Mitbürger aus Miége. Schmunzelnd vergleicht er sie mit den unbeugsamen Galliern aus dem Comic Asterix. Der «offizielle» Übername der Dorfbewohner lautet aber «les Calabrais» (die Kalabresen). «Die ausschliesslich landwirtschaftliche Ausrichtung, die geografische Lage fernab aller Verkehrswege, die Lage im östlichsten Teil des französischsprachigen Wallis, wie Kalabrien in der Tiefe Italiens, und die einzige Gemeinde östlich der Signièse ; all dies verhalf uns zum Spitznamen Calabrais», schreibt François Caloz in «Miège ... mon village». Der Beiname hat sich ziemlich gut eingebürgert, wenn nicht sogar durchgesetzt, wie Patrick feststellt: «Es ist fast schon ein Kompliment. «Calabrais» – das vermittelt ein gewisses Bild von Unabhängigkeit».

Warum nicht daraus eine Spezialität kreieren? In der Auslage der Dorfmetzgerei findet sich deshalb auch ein «Fondue calabraise» mit gewürzten Rumpsteak-Stückchen. «Das gönne ich mir ab und zu», meint unser Guide. «Aber natürlich bekommt man davon ziemlich Durst und dass die Kalabresen nicht nur Wasser trinken, dürfte allgemein bekannt sein», scherzt er.

Eine Spezialität?

Der Wein

Zwei üppige Rebstöcke zieren das Dorfwappen. Zweifellos ist die Rebe in Miège heilig. Der Weinberg erstreckt sich über 93 Hektar und prägt somit einen Drittel des Ortsgebiets. Für Patrick ist klar: «Die Reben und Miège gehören zweifellos zusammen». Der Pinot Noir liegt flächenmässig an der Spitze der Rebsorten und weit vor dem Chasselas, wobei der Savagnin blanc (Païen/Heida) auf diesem kalkhaltigen Terroir auf dem Vormarsch ist. Patricks Lieblingsweine sind aber vor allem der Syrah und der Cornalin aus der Region. Knapp zehn Weinkellereien gibt es im Dorf und auch für die Nachfolge bei den Weinbauern ist gesorgt. «Mit den Kindern der Winzer tritt eine neue Generation das Erbe an und die Tradition bleibt erhalten», freut sich unser Gesprächspartner und hebt die Qualität der Produkte hervor: «Das Geheimnis besteht in der Lage der Weinberge und im lokalen Know-how. So werden auch die Erwartungen der anspruchsvollsten Gaumen erfüllt».

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Der Hauptevent?

Die Rebsortenwanderung

Der Erfolg ist nach wie vor ungebrochen. Jedes Jahr im September pilgern Tausende von Menschen hierher, zur Rebsortenwanderung. Über acht Kilometer zieht sich die Prozession jeweils zwischen Siders und Salgesch hin. «Es ist wirklich toll, die Region auf diese Art und Weise zu entdecken und dabei typische Gerichte und grossartige Weine aus Siders, Veyras, Miège oder Salgesch zu probieren. Ausserdem ist die Sonne immer auf unserer Seite», schwärmt Patrick. Die Rebsortenwanderung führt dem Walliser Rebweg entlang und startet beim Château de Villa in Siders. Muraz, Veyras und schliesslich Miège sind unumgängliche Zwischenstationen. «In Miège führt der Weg durch das Dorfzentrum, dann hinauf zum Wald von La Crettaz, bevor man den Place de la bourgeoisie erreicht. Die Maison bourgeoisiale mit den dort servierten Weinen ist und bleibt mein Lieblingsort», verrät der Ortsansässige.

Im Laufe der Jahre hat die Rebsortenwanderung nationale Bekanntheit erlangt und erfreut sich mittlerweile grosser Beliebtheit bei den Deutschschweizer. Für Patrick muss man diesen Event einfach erlebt haben: «Ich denke, man muss mindestens einmal im Leben dabei gewesen sein. Nur schon, um sich ein Bild vom Ganzen zu machen. Entweder mag man es oder man mag es eben nicht. Aber zumindest kann man sich selbst eine Meinung bilden».

Am Samstag, dem 10. September 2022, findet die dreissigste Ausgabe der Rebsortenwanderung statt. Die perfekte Gelegenheit, diese beliebte Veranstaltung kennenzulernen oder sie wieder neu für sich zu entdecken.

Ein besonders schöner Spaziergang?

Die Suone von Clou

Ein Geheimtipp der Einwohner von Miège ist die Suone von Clou, mit einem einzigartigen Blick auf das Dorf und die Rhone-Ebene. Die etwa zwei Kilometer lange Wasserleite speist ihr Wasser aus der Raspille in 900 Metern Höhe. Patrick wandert hier zu jeder Jahreszeit gerne entlang: «Die Wanderung ist recht einfach, ohne grossen Höhenunterschied und man läuft immer auf der Sonnenseite». Die Gemeinde trägt grosse Sorge zu ihrer Suone. Einmal im Jahr treffen sich alle Einwohner, um sich gemeinsam um die Instandhaltung ihrer Suone zu kümmern. Auch die Jüngsten helfen mit: «Die Schulkinder haben vor Kurzem eine grosse Putzaktion durchgeführt. Bei dieser Gelegenheit wurden auch Informationstafeln für die Besucher aufgestellt».

Die Suone von Clou

Patrick schlägt vor, unseren Ausflug bis zur Chapelle des Plans oberhalb der Wasserfassung zu verlängern. Die Kapelle, besser bekannt unter dem Namen Chapelle Sainte Marguerite, erstaunt durch ihre Lage. «Mitten im Wald erscheint sie plötzlich und steht da, wie an einen Felsen gelehnt. Beim ersten Mal ist man überrascht. Die Geräuschkulisse ist sehr stimmungsvoll, denn das Rauschen der Raspille hallt an den Mauern wider. Diese beiden, der Allgemeinheit eher unbekannten Orte, die Suone von Clou und die Chapelle des Plans, sind auf jeden Fall einen Abstecher wert.

Chapelle des Plans

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