Reportage

Porträt

null Vier Arbeitskolleginnen und ein Viertausender

PorträtVier Arbeitskolleginnen und ein Viertausender

« «Wie wär‘s, wenn wir diesen Sommer einen Viertausender besteigen?» Diese Frage stellte Emilie Morard Gaspoz vergangenen Juni ihren Arbeitskolleginnen beim gemeinsamen Mittagessen. «Einverstanden!», ohne jegliches Zögern waren Ariane Aymon, Sophie Berclaz-Hendrickx und Marilyn von Känel mit von der Partie. «Ich fand das einfach toll. Alle waren dabei und die Motivation war spürbar», erinnert sich die Initiatorin dieses Abenteuers.

Emilie Morard Gaspoz, Marilyn von Känel, Sophie Berclaz-Hendrickx und Ariane Aymon

 

Sport treibe ich, um den Kopf frei zu bekommen. Je nach Jahreszeit ist es das Wandern, das Skitourengehen, das Klettern oder das Mountain Biken.

 

Emilie ist Spezialistin für Gesundheitsförderung und Prävention und stiess 2009 zur Dienststelle für Gesundheitswesen. Ursprünglich stammt sie aus Ayent, lebt heute aber in Savièse. Mit Arbeit, Familie und Kindern ist ihr Alltag ausgefüllt. Hinzu kommt zum Ausgleich noch der Sport. «Sport treibe ich, um den Kopf frei zu bekommen. Je nach Jahreszeit ist es das Wandern, das Skitourengehen, das Klettern oder das Mountain Biken.» Wettkämpfe? Weniger ihr Ding. Jedoch liebt sie Herausforderungen. «Oh ja, das liebe ich. Zum Beispiel die Patrouille des Glaciers. Oder das Tessin, als es um die Wahl meines Studienortes ging.»

Dieses Mal wird sich Emilie an eine Herausforderung in einem Frauenteam wagen. Ziel ist der Alphubel in der Mischabelkette. «In den Bergen bin ich meist mit Männern unterwegs. Es ist sehr selten, dass ich nur mit Frauen auf eine Hochtour gehe.» Und so meldeten sie sich für die 100% Women Peak Challenge von Schweiz Tourismus an, nicht alleine, nicht zu zweit, nein, gleich zu viert. Sie suchten eine Bergführerin, fanden Mélanie Corthay aus dem Val de Bagnes und legten ein Besteigungsdatum fest: Das Wochenende vom 11. und 12. September sollte es sein.

In den Bergen bin ich meist mit Männern unterwegs. Es ist sehr selten, dass ich nur mit Frauen auf eine Hochtour gehe.

 

Der Sonnenaufgang wird für mich immer der magische Moment dieser Besteigung bleiben. Er hat mir nochmal einen richtigen Energieschub gegeben. Die Müdigkeit war wie weggeblasen. Ich fühlte mich wie von der Natur getragen.

 

Es ist Sonntag, 03.15 Uhr und die Täschhütte erwacht langsam. «Als ich aus dem Bett sprang, verspürte ich plötzliche eine gewisse Angst. Ich durfte keinesfalls etwas vergessen, schon gar nicht die Steigeisen. Und ich wollte der Gruppe keine Probleme bereiten», erinnert sich Emilie. Start um 04.00 Uhr früh, bei sternenklarer Nacht in die Kälte hinaus. 1500 Höhenmeter erwarten unsere Alpinistinnen. Als sie unterwegs sind, verfliegt auch die Angst. Emilie, Ariane, Sophie und Marilyn folgen Mélanies Schritt. Absolute Stille und Ruhe. Augenblicke purer Verbundenheit. «Der Sonnenaufgang wird für mich immer der magische Moment dieser Besteigung bleiben. Er hat mir nochmal einen richtigen Energieschub gegeben. Die Müdigkeit war wie weggeblasen. Ich fühlte mich wie von der Natur getragen», vertraut uns Emilie an. Nach fünf Stunden erreichen unsere Alpinistinnen den Gipfel des Alphubels über seinen Südostgrat, die Eisnase. Das war’s!

 

Zurück im Tal. Seit der Besteigung sind bereits einige Wochen vergangen. Mittlerweile gehen einige Mitglieder der Seilschaft einer anderen Arbeit nach. Doch die Verbindung bleibt. Stärker als je zuvor. Das Vierergrüppchen trifft sich auch weiterhin regelmässig in seiner Mittagspause. Der Alphubel hat diese Freundschaft gefestigt und ist noch immer Teil der Gespräche. «Besonders gefallen hat mir, etwas mit meinen Kolleginnen, meinen Freundinnen zu unternehmen – ausserhalb der Arbeit. Was bleibt? Die Stille während des gesamten Aufstiegs. Wir haben nicht gesprochen, und das, obwohl wir im Alltag echte Plappertanten sind», lächelt Ariane. Für Sophie ist es das Gefühl der Solidarität: «Unser Zusammenhalt war unglaublich. Früh morgens fühlte ich mich nicht so gut, da ich in der Nacht kaum geschlafen hatte. Ich hatte mir Sorgen gemacht. Doch meine Kolleginnen munterten mich sofort wieder auf.» Für Marilyn war es der erste Viertausender. Sie hat auch gelernt loszulassen: «Ich fühlte mich einer solchen Besteigung nicht gewachsen. Lange hatte ich nach einer Ausrede gesucht, um mich davor zu drücken. Am Ende hab’ ich es doch geschafft, ohne dabei gelitten zu haben. Ich habe mich die ganze Zeit über leicht gefühlt.» Herausforderung gemeistert, und zwar alle. Und obendrauf noch eine grosse Portion Selbstvertrauen gewonnen. Das ist das Gute an Herausforderungen. «Man muss seine Komfortzone verlassen. Es tut gut, über sich hinauszuwachsen», fasst Emilie ihr Erlebnis zusammen.

Ich fühlte mich einer solchen Besteigung nicht gewachsen. Lange hatte ich nach einer Ausrede gesucht, um mich davor zu drücken. Am Ende hab’ ich es doch geschafft, ohne dabei gelitten zu haben. Ich habe mich die ganze Zeit über leicht gefühlt.

 

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Glosse

null Immer diese moderne Technik

Glosse

Immer diese moderne Technik

Einigen bekommt das Leben im Home Office gar nicht mal so schlecht. Vorteile gibt es in der Tat so manche. Der Wecker kann etwas später gestellt werden, das Kantinenessen fällt weg und es dürfen auch mal Spaghetti aglio et olio auf dem Speiseplan landen, ohne dass die Kollegen dabei gleich die Nase rümpfen. Was ich persönlich am Arbeitsalltag in den eigenen vier Wänden allerdings so gar nicht leiden kann, sind Videokonferenzen. Auch nach einem Jahr spielen sich diese gefühlt immer nach dem gleichen Schema ab.

Der Einstieg ist für gewöhnlich ein einziges Durcheinander. Es fallen Sätze und Fragen wie «Könnt ihr mich hören?», «Thomas, bist du auch da? Weiss jemand, ob Tina auch noch zu uns stösst?», «Kannst du uns sehen?», «Ich kann euch zwar hören aber nicht sehen.». Dann, wenn mal alle ordentlich verkabelt sind, wird das Meeting kurzzeitig entweder von einem bellenden Hund, einem schreienden Kind oder einem herzigen Büsi, das über die Tastatur tapst und seinen Allerwertesten in die Kamera hält, unterbrochen. Nachdem nun jeder seinen Kommentar zu den flauschigen Vierbeinern oder dem süssen Nachwuchs abgegeben hat, folgt die Bitte, doch das Mikrofon auszuschalten, wenn man selbst gerade nicht spricht. Damit Geräusche wie die vorherigen nicht die Traktandenliste durcheinanderbringen.

Das wäre dann also definitiv nicht der richtige Moment für den einen Kollegen, uns nach unserer Meinung zu seinem «lustigen» Hintergrundbild zu fragen. Insbesondere, weil niemand es wagt, die Wahrheit laut auszusprechen. Nämlich, dass diese tollen Hintergrundbilder in Wahrheit nicht viel mehr sind als ein Greenscreen, der die Haare oder Teile der Kopfhaut verschwinden lässt.

Also geht es weiter im Programm. Kollege X bittet um etwas Geduld. Denn selbst beim zehnten Videomeeting hat er noch nicht verstanden, wie er seinen Bildschirm mit anderen teilen kann. Und als es schliesslich klappt, bereut er es noch in der selben Sekunde. An dieser Stelle sei gesagt, dass es ratsam ist, gewisse Fenster, die im Browser im Hintergrund noch geöffnet sind, vor der Bildschirmfreigabe zu schliessen.

Das ist definitiv zu viel für mich. Da gibt es nur einen Ausweg. Irgendwie scheint plötzlich die Verbindung so schlecht…ii-i-chchchchch – knister - ka-n uch – knister - nii..meh…ören.

 

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