PorträtWürze liegt in der Luft
«Manchmal braucht es nur das gewisse Etwas, um sich vom Gewöhnlichen zu unterscheiden. Nur einen Hauch von Würze, genauso wie beim Kochen», sagt Pascale Tschopp. Dieser kleine, aber feine Unterschied soll auch bei ihrem Projekt tem pimenta zu spüren sein. Aus diesem Grund hat sie ihre Modelinie, die sich der ethischen und verantwortungsbewussten Herstellung von Kleidungsstücken verschrieben hat, tem pimenta benannt. Der Name ist brasilianisch und bedeutet so viel wie «da ist Würze drin».
Manchmal braucht es nur das gewisse Etwas, um sich vom Gewöhnlichen zu unterscheiden.
Die Siderserin hatte bereits gut zehn Jahre Erfahrung im Nähen, als sie in London einen Sommerkurs im Modellieren besuchte. Dort wurde ihr bewusst, dass sie sich in der Vergangenheit sehr viele Kompetenzen bereits autodidaktisch angeeignet hatte. Kurz darauf riskierte sie den Sprung ins kalte Wasser und hat sich mit der Gründung der Modemarke tem pimenta einen Kindheitstraum verwirklicht.
«Ich dachte, dass ich wenig zu verlieren habe. Also habe ich meine Ersparnisse investiert und so mein Hobby zum Beruf gemacht.» Ihre Anstellung als Psychomotoriktherapeutin bei der kantonalen Dienststelle für die Jugend hat sie dennoch nicht aufgegeben. In einem Teilpensum übt sie diesen Beruf weiterhin aus. Obwohl ihre beiden Tätigkeiten wenig miteinander zu tun haben, geht sie beiden mit der gleichen Begeisterung nach.
Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.
Die Textilien werden in Indien mit Naturfarbstoffen eingefärbt.
(Video © tem pimenta)
Während zehn Monaten arbeitete Pascale Tschopp nach der Firmengründung intensiv an ihren Modellen. 2014 flog sie dann für fünf Wochen nach Indien. Dort liess sie sich die Stoffe für ihre erste Kollektion ihren Anforderungen entsprechend anfertigen. «Das Land besitzt ein unglaubliches Wissen in Sachen Textilverarbeitung», betont sie. «So konnte ich Farben, Motive, Baumwollart und Drucktechnik selbst bestimmen.» Gleichzeitig stattete sie auch dem Nähatelier, das ihre Kreationen anfertigen sollte, einen Besuch ab. Im März 2015 war es soweit: tem pimenta stellte die erste Kollektion vor. Ein Jahr später folgte die zweite. Beide Kollektionen waren jeweils für den folgenden Frühling / Sommer bestimmt. In der Textilbranche ist man der Mode nämlich stets ein Jahr voraus.
Zeitlosen Kleidungsstücken die richtige Würze verleihen
2017 fasste Pascale Tschopp den Entschluss, keine weitere Kollektion nach diesem Prinzip mehr zu kreieren. «Zeitlimiten einzuhalten bedeutet Stress, und die Idee eines ‹Verfalldatums› für Kleidungsstücke gefällt mir nicht. Deshalb habe ich entschieden, eine zeitlose Kollektion zu kreieren, der ich jeweils neue Stücke beifügen kann.» So stellte sie letzten April anlässlich des Festivals für nachhaltige Mode «Fashion Revolution Sierre» im Théâtre Les Halles die ONE-Kollektion vor. Zu Beginn dieses Jahres beschloss die Designerin, künftig vermehrt auf Partner in der Schweiz und in Europa zu setzten, um die Produktion möglichst lokal zu verankern und so den ökologischen Fussabdruck von tem pimenta zu reduzieren. «Die Arbeit mit Indien war eine sehr lohnenswerte Erfahrung. Es war jedoch nicht immer einfach, über Distanz zusammenzuarbeiten und der Verwaltungsaufwand war sehr hoch. Ich möchte mehr Zeit in meinem Atelier verbringen und einen Teil der Produktion selbst bewältigen. Ich erkunde neue Handwerkstechniken und suche nach Möglichkeiten, bestehende Ressourcen durch Stoffrecycling zu nutzen.» Das Ziel bestehe darin, diesen Materialien nach einer sorgfältigen Auswahl ein zweites Leben einzuhauchen, ohne dabei auf Qualität, Haltbarkeit und Ästhetik zu verzichten, sagt sie.
Von der Skizze auf den Laufsteg
Die Entstehung eines Kleidungsstücks sei ein langer Prozess, erklärt Pascale Tschopp. Zunächst hole sie sich Inspirationen. Dies könne auf der Strasse, auf Reisen oder aber auch in der Natur geschehen. Dann fertige sie Skizzen an. Gefalle ihr eine besonders gut, erstelle sie ein Schnittmuster und nähe aus alten Leintüchern ein erstes Stück, das sie abändere, bis sie mit dem Resultat zufrieden sei. «Anschliessend nähe ich einen Prototyp aus schönen Stoffen meiner persönlichen Sammlung. Ich trage das Stück, um seine praktischen Aspekte zu testen. Um zu sehen, ob es angenehm zu tragen ist und auch andern Leuten gefällt. Ist dies der Fall, wird das Stück in die Kollektion aufgenommen.» Dabei achte sie darauf, dass die einzelnen Kleidungsstücke untereinander kombinierbar seien, was dem Prinzip einer Kollektion entspreche.
Die Schnittmuster in den verschiedenen Grössen stellt sie von Hand her. «Dafür gibt es Programme, aber die kosten mehrere Tausend Franken. Also mache ich alles selbst», begründet die junge Frau ihren Entscheid. Ihre Kollektionen werden – im Vergleich zu andern Marken - in kleiner Stückzahl produziert. Dadurch falle auch die Marge geringer aus, was das Ganze zu einem wenig lukrativen Geschäft mache, meint sie. Aber viel Geld zu verdienen sei ohnehin nie das Ziel gewesen.
Ich trage meine Stücke erst selbst, um ihre praktischen Aspekte zu testen.
Ethisch und verantwortungsbewusst
tem pimenta hat von Beginn an mit Zertifizierungslabels gearbeitet. Diese bedeuten für Hersteller, Marke und Verbraucher zwar Mehrkosten, sind aber gleichzeitig eine ausgezeichnete ethische Garantie. «Für mich war es sehr wichtig, mit Labels zu arbeiten. Es gibt zu viel ‹green washing› in der Branche. Marken, die auf nachhaltig und ethisch machen ohne aber dabei die definierten Standards einzuhalten», gibt die Modemacherin preis. tem pimenta Kleidungsstücke können im Direktverkauf über ihre Webseite bezogen werden. Seit 2017 können die Kleider auch im Fashion Truck Lucette gekauft werden, einem klappbaren Wohnwagen, den Pascale Tschopp zusammen mit ihren treuen Teammitgliedern zum mobilen Shop umfunktioniert hat und der zwischen März und September durch die ganze Schweiz reist.