Stossrichtungen
Um die Ziele der Wasserstrategie zu erreichen, werden die wichtigsten Aspekte des Wassers in acht Stossrichtungen zusammengefasst.
Bei der Festlegung relevanter Stossrichtungen und der Erarbeitung von Massnahmen gilt es, die übergeordneten Entwicklungen im Auge zu behalten, die in den nächsten 20 bis 30 Jahren von Bedeutung sein werden: Klimawandel, Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaftsentwicklung, Energieproduktion, Entwicklung wirtschaftliches und politisches Umfeld, Entwicklung neuer potenziell umweltschädlicher Substanzen.
Die 8 Stossrichtungen der Wasserstrategie
Übergeordnete Trends für die Zukunft
Klimawandel
In den kommenden Jahren und Jahrzehnten ist aufgrund des globalen Klimawandels mit einem Anstieg der mittleren Temperaturen zu rechnen. Im Kanton Wallis ist davon auszugehen, dass:
- die Gletscher weiter abschmelzen werden, womit die Wasservorräte verringert und die Abflussmengen des Wassers im Jahresverlauf verändert werden;
- sich die Niederschlagsmenge im Sommer verringern und die Verdunstung erhöhen werden, womit der Bedarf an Wasser für die Bewässerung wohl ansteigen wird;
- die Häufigkeit von Starkniederschlägen und von Trockenperioden voraussichtlich zunehmen wird, womit sich neue Herausforderungen sowohl für die Sicherung einer ausreichenden Wasserversorgung als auch für den Schutz vor Naturgefahren ergeben werden;
- der Anteil Winterniederschläge, welche in Form von Regen fallen, zu- und die Schneefälle abnehmen werden, wodurch die Speicherung von Wasser, welches bis im Juni / Juli verfügbar wäre, zurückgeht.
Bevölkerungsentwicklung
Gemäss dem mittleren Szenario des Bundesamtes für Statistik wird die Wohnbevölkerung des Kantons Wallis bis 2030 voraussichtlich um circa 25 000 Personen, d. h. um etwa 8 Prozent auf rund 340 000 bis 345 000 Einwohnerinnen und Einwohner anwachsen. Der Bedarf an Trinkwasser und die Menge der verschmutzten Abwässer werden somit ebenfalls um einen ähnlichen Prozentsatz zunehmen, sofern der Wasserverbrauch pro Kopf nicht weiter ansteigt. Das Wachstum der Bevölkerung und das voraussichtliche weitere Wachstum der beanspruchten Wohnfläche pro Einwohner werden – trotz gewissen Tendenzen zur Verdichtung – zu einem weiteren Zuwachs der versiegelten Siedlungs- und Verkehrsflächen mit entsprechenden Folgeeffekten auf den Abfluss der Niederschläge führen.
Wirtschaftsentwicklung
In den einzelnen Wirtschaftssektoren ist mit einer unterschiedlichen Entwicklung zu rechnen:
- Landwirtschaft: Die landwirtschaftlich genutzten Flächen werden kleiner, weil das Siedlungsgebiet weiter wachsen wird und weil auf die Nutzung ertragsarmer Flächen zunehmend verzichtet wird. Die Grösse der zu bewässernden Flächen dürfte aber im Kanton Wallis wegen des Klimawandels gleichwohl wachsen. Die Wasserleitungen als Verteilnetz für Wasser für die Bewässerung dürften ihre Bedeutung behalten.
- Industrie: Die Menge der produzierten Tonnagen wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten am Standort Schweiz wohl eher abnehmen, denn die Stärken des Wirtschaftsstandortes Schweiz liegen bei innovativen Spezialprodukten, die in eher geringen Mengen hergestellt werden. Der mittelfristige Wasserverbrauch der Industrie ist schwierig abschätzbar. Einerseits wird der Kühlwasserbedarf aufgrund des Klimawandels tendenziell steigen. Andererseits werden die industriellen Prozesse durch die technische Entwicklung vermehrt in geschlossenen Kreisläufen, welche geringere Wasserverbräuche aufweisen, geführt.
- Dienstleistungen (inkl. Tourismus): Der Dienstleistungssektor wird in den kommenden Jahren wohl weiter wachsen. Im Bereich des Tourismus ist hingegen mittelfristig mit einer Stagnation der Logiernächte und einer wachsenden Konzentration in den renommierten touristischen Zentren des Kantons zu rechnen. Der Stellenwert der künstlichen Beschneiung wird zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Walliser Destinationen an Bedeutung gewinnen. Langfristig kann aufgrund des Klimawandels eine Zunahme des Sommertourismus erwartet werden. Destinationen in den Bergen werden zu wichtigen Zufluchtsorten für Leute aus dem Mittelland, welche der Hitze entfliehen möchten.
Energieproduktion
Die Nutzung der erneuerbaren Energien wird in den nächsten Jahren sowohl innerhalb der Schweiz wie in Europa weiter zunehmen. Neue Impulse sind sowohl auf die Nutzung der Wasserkraft als auch auf die Wärmegewinnung aus dem Grundwasser zu erwarten, wobei die Gestaltung der staatlichen Rahmenbedingungen die Nutzung der verschiedenen erneuerbaren Energien wesentlich prägen wird. Europaweit ist aufgrund des Ausbaus der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien mit einer wachsenden Nachfrage nach Regelenergie u.a. aus (Pump-)Speicherkraftwerken zu rechnen.
Entwicklung wirtschaftliches und politisches Umfeld
Der globale Standortwettbewerb wird sich in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter intensivieren. Der Kanton und viele Gemeinden werden noch vermehrt gefordert sein, ihre Leistungen und Investitionen auf ihre Grundaufgaben zu konzentrieren. Investitionen, die den Schutz des Wassers oder den Schutz vor wasserbedingten Naturgefahren betreffen, könnten von diesen Bestrebungen zur Sicherung gesunder Finanzhaushalte der öffentlichen Hand ebenfalls betroffen sein.
Entwicklung neuer potenziell umweltschädlicher Substanzen
Heute werden rund 100 000 chemische Stoffe kommerziell genutzt. Es ist davon auszugehen, dass die Vielfalt der Stoffe, welche in der Produktion eingesetzt werden, weiter zunehmen wird. Damit wird wohl auch die Vielfalt der Stoffe in Lebensmitteln, Medikamenten, Reinigungsmitteln, Bauwerken etc. – und damit auch in den Abwässern – weiter steigen.